Where have all the flowers gone?

In meiner Jugend gab es einen Folk-Song von Pete Seeger (interpretiert  u.a. von Peter, Paul and Mary und Joan Baez), in dem die Folgen des Krieges poetisch angeprangert wurden. Es war eins der ersten Lieder, die ich auf Gitarre klampfen konnte, und ich fühlte mich dabei sehr rebellisch. Dass mir dieses Lied vor ein paar Tagen bei meiner „Hunderunde“ durch den Kopf ging, war nicht wirklich ein Zufall. Es drängte sich förmlich auf, denn die große Wiese war nicht so bunt wie sonst im Spätsommer. Zunächst war mir nur aufgefallen (und das schon das ganze Jahr), dass es kaum Insekten gab. Aber jetzt bemerkte ich auch, dass deren Nahrungsquellen abgenommen hatten.

Die große Wiese ist ein beliebter Ablageort für Gartenabfälle. Dazu habe ich eine zweigeteilte Meinung (nachzulesen ausführlich unter „Zurück zur Natur“). Zusammengefasst finde ich, dass „Exoten“ nicht in der freien Wildbahn ausgesetzt werden sollten, aber ich freue mich über Schneeglöckchen und Krokusse im Wald. An der großen Wiese vermehrten sich z.B. die Dreimaster-Blume, die kanadische Goldraute und die Süßkartoffel, an deren Stängeln in den letzten Jahren lilaweiße Winden hoch rankten. Ich habe auch schon Lilien gesehen, die aber bereits nach wenigen Tagen ausgebuddelt worden waren.

In diesem Jahr beschränkten sich die Blütenfarben auf weiß und gelb. Nur die Kornrade (eine Wildblume) setzte an zwei Stellen lila Akzente. Wo waren eigentlich die Disteln hin? Gut, es hatte wieder viel zu wenig geregnet, aber insgesamt mehr als im Vorjahr. Und es hatte zwischen den Hitzephasen auch Abkühlung gegeben. Trotzdem war die Wiese in einem erbärmlichen Zustand, knochentrocken und extrem krautig. Das freut nur die Heuschrecken, die es zahlreich gibt. Dass im August nicht so viele Vögel sichtbar sind, liegt an der Mauser. Dann bleiben sie lieber versteckt und singen selten. Doch auch die Bussarde, die an der großen Wiese leben, sind wie vom Erdboden (oder besser vom Himmel) verschluckt. Die Entwicklung ist logisch, wenn man sich die Nahrungskette ansieht. Wenn es Störungen in der „untersten“ Etage gibt, folgt eben eine „Kettenreaktion“. Und wenn es nichts zu futtern gibt, muss die Karawane eben weiter ziehen. Oder sterben!

Was kann man tun? Die Wissenschaftler waren im letzten Jahr zuversichtlich, dass es nicht zwei Hitze-Sommer nacheinander geben würde, aber sie lagen da wohl falsch. Und der Sommer mit dem Gegenextrem und tagelangem Dauerregen liegt auch noch gar nicht lange zurück. Natürlich warnen Experten seit Jahren vor dem Klimawandel, und ein 16-jähriges Mädchen aus Schweden findet eine breite Zuhörerschaft mit ihrem Engagement zum Klimaschutz. Das ist gut, aber reicht es?

Die meisten Menschen in meinem Umfeld sind keine Ignoranten und sich des Ernstes der Situation sehr wohl bewusst. Würde ich sie fragen, ob sie Umwelt- und Klimaschutz für wichtig halten, bekäme ich ohne Ausnahme ein „Aber selbstverständlich!“. Doch leider entdecke ich immer wieder Defizite und Inkonsequenz bei der Umsetzung. Bequemlichkeit geht vor. Begründet wird es oft mit einem: „Das machen doch alle!“ oder auch mal „Das macht den Kohl doch auch nicht fett!“. Und da liegt der Hase im Pfeffer.

Es ist menschlich, zuerst an sich zu denken. Wer auf etwas verzichtet, was sich andere ungeniert gönnen, kommt sich schnell vor wie ein Idiot. Absolut verständlich! Und natürlich weiß jeder, dass seine Zeit auf dieser Erde begrenzt ist. Die muss man nutzen, wenn man es sich leisten kann. Dazu kommt, dass es z.B. preiswerter ist, mit dem Auto ins Grüne zu fahren oder mit dem Flieger nach Rom zu reisen, als die Bahn zu benutzen. Und es geht auch in der Regel deutlich schneller. Darum kann ich nachvollziehen, warum viele Mitbürger Wasser predigen und selbst Wein trinken. Ich mache es ja nicht anders!

Trotzdem versuche ich, wenigstens in meinem kleinen Universum die Umwelt zu schätzen und zu schützen. Ich habe nämlich zwei Kindern das Leben geschenkt und hoffe, dass in ihrer Lebenszeit die Erde noch bewohnbar bleibt. Sie wissen, dass sie etwas tun müssen, um die Natur zu erhalten, und dass auch kleinste Aktionen einen Beitrag darstellen. Weder sie noch ich werden die Welt retten, aber das ist kein Grund, untätig und ignorant zu sein. Und wer die meiste Zeit Wasser trinkt, darf sich auch mal mit einem Glas Wein belohnen.

Hoffentlich ist es noch nicht zu spät!