Seddiner See

Wie schon bei den „heimischen Vögeln“ erwähnt, lebe ich am Seddiner See. Der liegt eine halbe Autostunde südwestlich von Berlin in der Nähe des Dreiecks Nuthetal. Es ist kein Naturschutzgebiet (mir völlig unverständlich bei den vielen seltenen Vogelarten, die es hier gibt), aber weil ein Fischer den See gepachtet hat, düsen wenigstens keine Motorboote herum. Es gibt einen ziemlich ausgedehnten Schilfgürtel, in dem sich Wasser- und Stelzvögel heimisch fühlen. Seit ich hier wohne, ziehen die Gänse im Frühling und Herbst bei uns vorbei. Sie haben hier schon immer Station gemacht und besuchen gerne die Felder mit dem Winterrogen, auf dem sie auch im Vorfrühling schon saftige Pflänzchen zum Naschen finden. Mit den Jahren gab es immer mehr, die im Sommer blieben, aber manchmal auch im Winter.

Graureiher habe ich selten und immer nur vereinzelt gesehen, aber auch diese Vogelart kenne ich hier seit fast zwanzig Jahren. Die Silberreiher waren im Dezember 2015 zum ersten Mal am See, oder ich habe sie einfach vorher nicht bemerkt. Denn im Gegensatz zu Gänsen und Kranichen, die ziemlich viel Lärm machen, sind die Reiher eher zurückhaltend. Sie suchen sich ruhige Schilfabschnitte, und da der See an vielen Stellen nicht zugänglich ist, haben sie eine große Auswahl. Der See ist auch nicht kreisrund, so dass man von den Ufern immer nur einen kleinen Teil des Sees und der anderen Ufer einsehen kann. Und das andere Ufer ist ganz schön weit weg, Entfernungen sind dabei schwer zu schätzen. So hätte die Kolonie der weißen Vögel auch eine Gruppe Möwen sein können. Schwäne, die den Reihern von der Größe mehr ähneln, treten in der Regel bei uns nicht in so großen Schwärmen auf.

Greifvögel gibt es bei uns auch. Immer wieder sah ich den Rotmilan, Schwarzmilan, Bussarde und Turmfalken. Dass es Rohrweihen gibt, erfuhr ich schon vor etwa 15 Jahren (genaueres dazu auf der Rohrweihen-Seite, ich muss mich ja nicht wiederholen). Allerdings bin ich diesem Vogel nie wieder begegnet. Aber wenn man einfach nur spazieren geht, entgeht einem doch so einiges. Erst, wenn man einen Blick für Vögel entwickelt, entdeckt man die Vielfalt.

Ich beginne meinen Bericht mit dem Zeitpunkt, als ich begann, die Vogelwelt fotografisch zu dokumentieren. Der Winter war 2015/2016 ungewöhnlich kurz. Wir hatten zwar ein paar eiskalte Tage im Januar, und der See war sogar komplett zugefroren, aber die Eisdecke war zu dünn zum Schlittschuhlaufen. Und nach wenigen Wochen stiegen die Temperaturen so hoch, dass die Eispracht schnell wieder vorbei war. Mitte Februar blühten schon Hasel und Erle, und die Vögel fingen an, ihre Liebeslieder zu trällern. An einem herrlich sonnigen Tag verbrachte ich eine Stunde am Ufer des Sees und beobachte und fotografierte die Vögel. An diesen Tieren könnten sich die Menschen mal ein Beispiel nehmen. Einheimische und durchziehende Gäste teilten sich den See friedlich und mischten sich durcheinander. Es gab die allgegenwärtigen Stockenten, die Bläßhühner und die Haubentaucher. Die Schwäne waren zum Teil schon paarweise unterwegs, und die männlichen Exemplare begannen bereits zu balzen. Aber es gab auch Gruppen von 4-6 Schwänen, die friedlich neben einander paddelten und gelegentlich nach Nahrung grundelten. Es gab eine große Gruppe von Graugänsen, die nicht nur herumschwammen, sondern auch „badeten“, also abtauchten und das Gefieder aufschüttelten, so dass die Tropfen flogen. Und die Silberreiher waren wieder da. Auf einem Foto ist deutlich zu sehen, dass sich ein Graureiher unter sie gemischt hat. Auf den späteren Gruppenbildern taucht er nicht wieder auf, aber auch er suchte die Nähe der anderen Vögel, anstatt alleine zu fischen. Auf der anderen Uferseite des Sees tummelte sich ein Schwarm Möwen, und zwei Kormorane flogen mir auch durchs Bild. Es war also eine schöne gemischte Artenvielfalt, wie man sie sich an deutschen Seen erträumt. Allerdings könnten ein paar mehr Sorten Enten auftauchen!

Was mich damals ein bisschen enttäuschte, war, dass sich trotz des wunderbar dichten Schilfgürtels lange keine typischen Bewohner des Schilfes blicken ließen. Am Ufer zwitschertn Kohlmeisen und sonst oft gar nichts. Es kam mir so vor, als hätten wir keine Rohrdommeln, Schwirle und Rohrsänger. Vielleicht musste ich aber ein bisschen mehr am Ufer entlang wandern und die unzugänglichen Stellen des Sees erkunden. Und vielleicht brauchte ich auch ein bisschen mehr Geduld und sollte den Hund mal zu Hause lassen (obwohl der harmlos ist). Allerdings bin ich inzwischen von einer Anwohnerin aufgeklärt worden, dass die seltsamen Hup-Laute im Frühling der Ruf der Rohrdommel ist. Nur gesehen hat hier noch nie jemand eines der scheuen Exemplare.

So richtig wachgerüttelt für die Vogelvielfalt an meinem See hat mich der Fischadler. Nachzulesen auf der Fischadler-Seite hat mich dieser Vogel am See regelrecht „überfallen“. Von da ab hielt ich die Augen offen und knipste alles, was mir vertraut oder unbekannt vorkam. Um zu See zu gelangen gehe ich über einen 400 m breiten Streifen wilder Wiese, der einige Jahre eingezäunt war. Exotische Rinder weideten darauf, und ich musste einen großen Umweg machen, um ans Wasser zu gelangen. Doch seit etwa 10 Jahren sind die Viecher weg und der Zaun auch. Ein Teil der Wiese wird jedes Jahr gemäht, aber erst im Spätsommer. Ein länglicher Streifen bleibt davon unberührt, und in diesem Gebiet habe ich mal ein Kranichküken fotografiert (Beifang, siehe Kranich-Seite). Außerdem leben und brüten auf dieser wunderbar „nutzlosen“ Wiese (das ist positiv gemeint) Braunkehlchen und Feldlerchen. Ein Fuchs hat dort seinen Bau und vor etwa 5 Jahren ziemlich viel Nachwuchs gehabt. Sein Tunnel ist weit verzweigt und hat viele Zugänge, aber er selbst ist nur selten zu sehen. Welpen habe ich  2017 auf einer Nachbarwiese gesehen, als sie in der Morgendämmerung spielten. Außer von Kranichen und Gänsen wird die Wiese auch vom Storch als Nahrungsgebiet genutzt. Überwiegend sieht man aber Nebelkrähen, Elstern und Stare.

Am Uferrand des Sees stehen einige Bäume in einem schmalen Gürtel. Dort leben Meisen und Finken aller Art, auch Erlen- und Birkenzeisige. Eine Kolonie Sperlinge hat es sich in den Büschen behaglich gemacht und ist dort zuverlässig anzutreffen. Bei denen habe ich auch mal den Neuntöter gesehen, aber das ist schon 2 Jahre her. Der Hausrotschwanz und die Bachstelze lieben die alten, scheunengroßen Gemäuer, in denen jemand Autos aufbewahrt. Auf den Blechdächern singen und balzen sie, was das Zeug hält. Sogar der Grünspecht sieht ab und zu vorbei.

Im Schilfgürtel, der an „meiner“ Stelle nicht so dicht ist und zudem ziemlich nah an einem Weg liegt, der auch von Autos genutzt wird (eigentlich nicht erlaubt), habe ich bisher einmal einen Teichrohrsänger geknipst. Auch einen Eisvogel habe ich einmalig gesehen (zusammen mit meiner Mutter, darum weiß ich, dass es keine Einbildung war), aber für diesen Vogel herrschen an „meiner“ Stelle keine idealen Bedingungen. Und 2017 konnten wir im Frühjahr keine Rohrdommel hören, sehr traurig.

Regelmäßige Wassergäste sind natürlich Stockenten, Schwäne und Bläßhühner. Die Haubentaucher werden weniger, aber im April 2018 konnte ich wieder ein Paar beim Balzen beobachten. Nachgewiesen habe ich auch Kormorane, Tafel- und Schellenten sowie den Gänsesäger, der bei uns aber immer nur auf der Durchreise ist. Auf dem kleinen Nachbarsee habe ich auch schon eine große Kolonie Reiherenten entdeckt.

Möwen gibt es natürlich auch. Lach-, Sturm- und Silbermöwe leben ganzjährig hier, darum gehe ich davon aus, dass sie auch hier brüten (Ich weiß aber nicht, wo).

Einer unserer „high society“-Bewohner ist natürlich der Seeadler. Er lebt hier sogar mit einem Partner. Schon auf einigen Fotos hatte ich zwei von diesen majestätischen Vögeln abgelichtet, und sie vertrugen sich. Wenn so große Vögel streiten, dann sind sie Rivalen. Darum glaube ich, dass wir hier genau ein Paar haben. Und die müssen sich das Revier mit einem Fischadler(paar) und vielen Möwen und anderen Nahrungskonkurrenten teilen. Der Seeadler ist übrigens das ganze Jahr hier, während der Fischadler in ein Winterquartier ausweicht.

Am Seddiner See gibt es einen Rundwanderweg, der ca. 11 km lang ist und nicht durchgehend am Wasser entlang führt. Dafür braucht man etwa 2,5 Stunden, wenn man gut zu Fuß ist. Parken kann man an der B2 in Seddin (Seitenstreifen) oder am Findlingsgarten in Kähnsdorf (großer Parkplatz). Auch an der Kähnsdorfer Badestelle kann man sein Auto bequem abstellen, allerdings ist der Parkplatz in der Badesaison meistens voll (aber dann gibt es an der Badestelle auch keine Vögel). Es gibt auch zwei Campingplätze, und ich möchte Wohnmobiltouristen dringend bitten, diese zu benutzen. Natürlich ist es viel romantischer, sein fahrbares Zuhause an einer idyllischen Stelle am See abzustellen und bei einem Glas Rotwein und einer Wurst auf dem Einweg-Grill (der im Unterholz entsorgt wird) den Sonnenuntergang zu genießen. Aber so macht man die Natur kaputt! Und wenn es alle machen, kommt das Braunkehlchen im nächsten Jahr nicht wieder. Zudem ist es verboten (aus gutem Grund), und manchmal kommt wirklich die Polizei! Und ich bitte auch darum, nicht alle Sandwege zu befahren, nur weil man so dichter an See ran kommt, ohne die Füße zu bemühen. Es fehlen Verbotsschilder, weil sie immer geklaut werden, aber verboten ist es trotzdem. Diese Wege sind Privatbesitz, der der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wird, aber nicht, um die Umwelt zu verpesten und Fußgänger und Radfahrer zum Ausweichen zu nötigen.

Wenn Ihr also diesen wunderbaren Ort vor den Toren Berlins kennenlernen und erkunden möchtet, dann denkt bitte daran, dass Ihr nur Gäste seid! Und dass nach Eurer Abreise alles so ursprünglich sein sollte, wie vor Eurem Besuch! Wenn nicht Tausende vor Euch schon so gehandelt hätten, gäbe es diese Idylle nicht mehr. Echte Naturfreunde zollen der Natur Respekt! Und wer nur die Bequemlichkeit liebt, sollte auf dem Sofa bleiben oder in den Zoo gehen!