Berghänfling

Vorkommen:

an der großen Wiese hinter Kähnsdorf im November 2017

Merkmale:

klein, spitzer, gelber Schnabel, der beim Gesang weit aufgerissen wird, verschiedene Brauntöne im Gefieder, eher verwaschen, weiße Brust, die an den Seiten bräunliche Längsstreifen aufweist

Begegnung:

Als junge Frau habe ich gerne historische Frauenromane gelesen. In einer Geschichte ging es um eine Frau namens Linnet, die von einem etwas flegelhaften Verehrer damit aufgezogen wurde, dass sie nach einem Vögelchen benannt worden war. Ich recherchierte (damals ganz ohne Internet) und fand heraus, dass Linnet der englische Name für den Hänfling war. Den Hänfling kannte ich bis dato als abwertendes Synonym für einen schmächtigen Jungen. Den Vogel kannte ich nicht.

In meinem schlauen Vogelbuch gibt es zwei Sorten Hänflinge. Der Bluthänfling soll angeblich nicht selten sein und das ganze Jahr bei uns leben, wogegen der Berghänfling ein Wintergast in unseren Breitengraden ist. Ersterer ist zwar klein, aber durch rote Färbungen eigentlich gut erkennbar. Der ebenfalls kleine Berghänfling dagegen ist unauffällig graubraun und darum leicht zu verwechseln. Er soll allerdings im Winter in größeren Trupps bei uns Einzug halten. Ich hatte keinen der beiden Hänflinge je zu Gesicht bekommen.

Wenn mir ein neuer Vogel begegnet ist es entweder ein Zufallsfoto oder „Beifang“ (z.B. in einem Schwarm anderer, bekannter Vögel). Oder aber er unterscheidet sich durch Flug, Verhalten, Gesang bzw. Gepiepse und äußerliche Merkmale. Da bin ich inzwischen schon ganz gut geschult. Natürlich erkenne ich nicht jeden Vogel auf Anhieb, aber meistens weiß ich, ob es eine mir bereits bekannte Art ist. So wusste ich bei meinem „ersten“ Berghänfling nur eins sicher: den kannte ich noch nicht! Er war etwa so groß wie ein Goldhähnchen, aber nicht so hektisch. Ich hatte in den vergangenen Tagen an der großen Wiese auch ungewöhnliche Piesper gehört. Im November sind eigentlich nur die Meisen, Amseln und Krähen immer mal zu hören. Die Finken fliegen hoch und piepsen nur leise. Also war ich sehr interessiert, als ein einzelner Vogel ziemlich verlassen in einer großen Eiche saß. Er ließ mich nah ran kommen, und weil die Sonne schien, bekam ich ein paar passable Bilder, die für eine Identifizierung reichten.

Es ist schon erstaunlich, welche Arten einem im Internet angeboten werden, wenn man „Berghänfling“ eingibt. Gut, dass ich die meisten anderen kenne! Aber wenn ich dann sehe, dass auf einer Homepage eine Goldammer als Berghänfling betitelt wird, wundere ich mich schon. Ich finde, man sollte sich zumindest 99% sicher sein. Aber bin ich beruhigt, weil ich sicher auch mal den einen oder anderen „Fehlgriff“ habe (die Eklatanten habe ich ja auch schon behoben). Aber, wie gesagt, wenn ich einen neuen Vogel vorstelle, dann weil er sich von den bekannten Sorten unterscheidet. Wegen Größe, Geräusch, Verhalten und Jahreszeit lege ich mich auf den Berghänfling fest. Außerdem hatte er den typischen kleinen gelben Schnabel, und auf einem, etwas unscharfen Foto war auch eine dunkle Schnabelspitze zu sehen. Dass er solo unterwegs war, widerspricht zwar meinem Vogelbuch, aber da sind ja einige Angaben nicht mehr so aktuell. Und vielleicht lauerte der ganze feige Schwarm ja irgendwo in der Eichenschonung, und ich habe nur den Draufgänger zu Gesicht bekommen.