Jäger
Die Jagd auf Wild hat in Europa eine lange Tradition. Sie diente ehemals überwiegend dazu, frisches Fleisch auf die goldenen Teller der Adligen zu bringen. Dabei ging es, soweit ich weiß, ziemlich rustikal und grausam zu. Nicht selten gab es neben dem erlegten Wild auch andere Opfer zu beklagen (vom Keiler aufgespießte Hunde oder Verletzte durch Reitunfälle z.B.). Niemand verschwendete einen Gedanken an die möglichen Leiden der gejagten Kreaturen, aber es waren ja auch harte Zeiten damals.
Inzwischen ist in Deutschland ein Jäger jemand, der sich an strenge Gesetze halten muss. So gibt es Abschussquoten und Monate, in denen nicht gejagt werden darf, und vieles mehr. Jagdhunde brauchen auch eine spezielle Ausbildung. Da sollte man doch denken, dass es den Jägern wirklich um das Gleichgewicht in der Natur geht, weil Rehe und Wildschweine keine natürlichen Feinde mehr haben (außer den Straßenverkehr und gelegentlich einen Mähdrescher, aber das zählt nicht). Ich habe jedenfalls von Jägern immer sehr überzeugende Argumente gehört, die ihr Tun rechtfertigten. So wird gesagt: „Du isst doch auch gerne mal eine Rehkeule!“ Nun ja, tue ich nicht, aber ich bin ja auch nicht das Maß aller Dinge. Doch dabei fällt mir auf, dass ich eigentlich niemanden kenne, der „gerne mal eine Rehkeule“ isst. Ich kenne viele, die gerne mal Fisch essen oder Spargel. Aber Wild? Auch in den Supermärkten ist das Angebot von tiefgekühltem Wildfleisch selten, frisches gibt es gar nicht. Ich schließe daraus, dass die Nachfrage (warum auch immer) eher gering ist.
Was passiert also mit den vielen geschossenen Rehböckchen und Wildschweinen? Landen die alle in der Tiefkühltruhe des Jägers? Dann ernährt der sich bestimmt von nichts anderen. Na, das ist seine Sache.
Mir ist die ganze Jägerei nicht wirklich geheuer. Der vorletzte Jäger in unseren Wäldern schickte seine Kinder los, um Kastanien zu sammeln. Die wurden dann im Winter als Köder für die Rehe ausgelegt. Ich schickte meine Kinder los zum Kastanien sammeln, um mit ihnen zusammen kleine Männchen daraus zu basteln. Später sammelte ich sie als Herbstdekoration und warf sie danach über den Zaun in den Wald, damit ich manchmal im Winter dankbare Rehe beobachten konnte. Die amtierende Jägerin hat auf der naturbelassenen großen Wiese nur 50 m von ihrem Hochsitz entfernt einen kleinen Acker angelegt, auf dem abwechselnd Sonnenblumen, Mais oder Kartoffeln wachsen. Die Fläche ist zu klein, um sie als Selbstversorger zu nutzen, und zu groß, um sie von Hand zu bewässern. Es geht also wohl eher darum, Wild anzulocken, das man dann bequem aus nächster Nähe erschießen kann. Das finde ich extrem unsportlich!
Ich würde die Jäger vielleicht verstehen, wenn sie mit ihrer Tätigkeit ihren Lebensunterhalt bestreiten würden. Das machen ja z.B. Schlachter, und es ist ein harter, aber notwendiger Job. Doch Jäger üben ihre Aktivitäten in ihrer Freizeit aus. Vielleicht verdienen sie daran etwas, wenn sie Fleisch verkaufen, aber das kann nicht lukrativ sein. Außerdem müssen sie (glaube ich) für ihr Jagdrevier eine Pacht bezahlen. Das bedeutet für mich, dass es mehr ein Hobby ist. Kann das Töten von Tieren wirklich ein Hobby sein? Das ist eine schreckliche Vorstellung!
Für mich ist es wichtig, dass in einem gesunden Wald neben der gesunden Vegetation auch gesunde Wildtiere und Vögel leben. Dass die Wildschweine den Waldboden umgraben, hat sicher einen Sinn für den Wald, sonst würde die Evolution ihnen das längst ausgetrieben haben. Dass Rehe jungen Bäumchen die Rinde abknabbern, verhindert vielleicht deren unkontrollierte Ausbreitung. In so einem Wald ist ja auch nicht für jeden Baum-Sprössling Platz! Aber ich bin kein Biologe, nur ein Naturfreund und werde wohl nie ein Freund der Jäger.