Ignorieren der Naturschutzgebiete
Für Naturschutzgebiete gelten ganz klare, einfache Regeln, die sich jeder merken kann, auch wenn der Intellekt nicht für einen Doktortitel reicht: es darf weder etwas „eingeführt“ noch „entfernt“ werden. Im Klartext: keine Kippen, kein Müll, keine fremden Pflanzen (also Gartenabfälle), keine Abgase (Kraftfahrzeuge jeder Art), kein Blumenpflücken, kein Baumfällen, kein Pilze suchen, kein Fang von Wildtieren (besonders: kein angeln!). Außerdem muss man auf den Wegen bleiben. Das gilt auch für den Hund, darum muss er an die Leine.
Damit der Naturliebhaber weiß, dass er in einem Naturschutzgebiet wandelt, muss dieses natürlich gekennzeichnet sein. Die Wessis hatten ein Schild, das an typische Verkehrsschilder erinnerte. Die Form (wie bei „Vorfahrt gewähren“), die Farbe (grüner Rahmen für Natur, statt roter Rahmen für Gefahr) und dann ein schwarzer Adler auf weißem Grund (mit weißem Schwanz wie der Seeadler, den es hier gibt, und weißem Kopf wie der Weißkopfseeadler, der in den USA lebt und dort sogar Wappentier ist). Mit diesem Schild bin ich aufgewachsen, obwohl es in Berlin nicht häufig vorkam. Die Ossis hatten eine schwarze Eule auf gelbem Hintergrund (als Signalfarbe viel wirkungsvoller). Das Schild ist lustiger weise 5-eckig, warum, weiß ich nicht. Eigentlich dachte ich, es würde inzwischen eine bundeseinheitliche Kennzeichnung geben, und man hätte sich auf die Eule geeinigt, aber das Internet meint, es wäre Ländersache. Das ist natürlich für Touristen ein bisschen irritierend, besonders, wenn sie aus dem Ausland kommen. In meinem Bundesland Brandenburg gibt es die „Eule auf Gelb“, und die Schilder sind gut platziert und werden (komischerweise) auch nicht geklaut. Meistens ist unter ihnen noch ein zusätzliches, gelbes Schild montiert, auf dem kurz die Regeln zusammengefasst sind. Das finde ich hilfreich (und auch die Schilder werden nicht demontiert).
Ich weiß, dass wir viele Analphabeten im Land haben, aber diese können sich Regeln umso besser merken, damit sie nicht auf das (defizitäre) Lesen von Schildern mit Schrift angewiesen sind. Auch für sie wäre eine einheitliche Beschilderung empfehlenswert. Aber ich glaube sowieso nicht, dass Analphabeten vermehrt in Naturschutzgebieten auftauchen. Leute, die den Naturschutzcharakter einer Region ignorieren, könnten ihn beachten, wenn sie wollten. Ich bin mir auch sicher, dass sie es eigentlich besser wissen, aber das Überschreiten von Regeln, wenn es nicht geahndet wird, ist ein deutscher Volkssport (wäre Thema für ein Buch, führt jetzt zu weit).
Leider sind auch unsere polnischen Nachbarn in dieser Disziplin ziemlich gut trainiert. Sie wissen, dass deutsche Gesetzeshüter nur selten Kleindelikten nachgehen oder Ordnungswidrigkeiten kontrollieren. Keine Strafe, kein Gesetz! Wer ist noch nicht auf einer deutschen Autobahn von einem polnischen Fahrzeug (sogar Lkw) überholt worden, welches das Tempolimit deutlich überschritten hatte? Unsere Nachbarn wissen einfach, was sie sich erlauben können. Und wenn es kein Verbotsschild in der Natur gibt, das sich auch dem Ausländer erschließt, dann können sie sich unwissend stellen und damit durch kommen (das gilt natürlich auch für die Inländer).
Der etwa 300 m lange Abschnitt zwischen Parkplatz an der B246 in Stangenhagen am Pfefferfließ und der kleinen Brücke, die in den Ort führt, ist NICHT als Naturschutzgebiet gekennzeichnet, obwohl auch hier der Eisvogel neben dem Reiher und Zwergsäger am fischen ist. Darum gibt es hier häufig Angler. Eigentlich steht Schilf-Röhricht generell unter Naturschutz, aber es wird von den Anglern gnadenlos zertreten, um eine bequeme Angelstelle zu schaffen. Da es jedoch seit 2 Jahren im Frühjahr ganz offiziell gerodet wird, mache ich den Anglern keinen Vorwurf. Aber sie halten sich leider nicht an diesen Bereich, sonder gehen am Fließ weiter flussaufwärts und ignorieren das Schild mit der Eule auf gelbem Grund und das zusätzliche Textschild. Ein großes Schild mit der Aufschrift „Angeln verboten“ würde sie sicher genau so wenig abhalten. Und weil das Fließ schmal ist und nicht jeder ein Könner, sieht man in einigen Bäumen solche Hinterlassenschaften (ich verweise dazu mal auf meine Eisvogelseite, wo ich ein besonders krasses Foto geschossen habe):
Die folgenden Bilder zeigen Bürger aus Polen, die bei uns nicht nur im Naturschutzgebiet angeln, sondern dazu auch noch die Weggrenzen verlassen, was sich nicht einmal die einheimischen Fotografen trauen (und die morden nicht, sondern knipsen nur, und wollen dabei keine Tiere in ihren Rückzugsgebieten stören). Ich weiß die Herkunft, weil ihre Autos mit dem entsprechenden Kennzeichen neben meinem parken und niemand sonst in der Zeit am Fließ war. Ich habe viele dieser Bilder von vielen Leuten, doch nur zwei heraus gesucht, weil ich sie besonders ärgerlich fand.
Hier sind zwei Männer im April 2018 (Brutzeit!!!) nicht nur dabei, den einheimischen Vögeln im Rückzugsbereich die Beute streitig zu machen, sondern einer von ihnen hat auch noch einen Glimmstengel im Gesicht und ganz offensichtlich keinen Aschenbecher dabei, um die Kippe wieder mit zu nehmen. Ich sehe auch keinen Eimer, in dem die Beute zum Verzehr abtransportiert werden kann, und schließe daraus, dass diese beiden Kandidaten nur zum sportlichen Spaß hier sind. Erbärmlich!
Auf diesem Bild sieht man (vermutlich) Vater und Sohn, allerdings im November 2016 (keine Brutzeit), aber auch im Rückzugsgebiet der gesetzlich geschützten Vogelbestände. Das tut mir richtig weh, wenn ein Vater seinem Sohn schon früh beibringt, dass man sich in Deutschland nicht an Gesetze halten muss und Natur kein schützenswertes Gut ist.
Doch nicht nur die Angler setzen sich über die Vorschriften im Naturschutzgebiet hinweg. Auch Hundehalter finden, dass ihrem Vierbeiner Spaß zusteht, egal, wo man sich befindet. Die Einheimischen am Fließ führen ihre Hunde immer an der Leine (ich treffe einige schon mal öfter). Die Hunde scheuchen zwar meine Vögel auf, was mich schon manchen Schnappschuss gekostet hat, aber das ist einfach Pech für mich. Doch die Besucher nehmen es mit der Leinenpflicht nicht so genau, obwohl auch außerhalb von Naturschutzgebieten in Brandenburg Leinenzwang vorgeschrieben ist. Meistens sind die Vierbeiner gehorsam und bleiben beim Besitzer und auf dem Weg. Aber es gibt auch Ausnahmen.
Dieses Bild ist auch aus dem November 2016 am Pfefferfließ. Die Brücke liegt direkt neben dem Aussichtsturm. Dieser große Hund durfte im Naturschutzgebiet im Wasser plantschen und hat dabei Zwergtaucher aufgeschreckt (auf dem Bild nicht zu sehen). Die Leute waren schon weg, als ich zum Aussichtsturm kam (das Bild ist so mies, weil ich noch weit entfernt war), sonst hätte ich ihnen mal eine Moralpredigt gehalten. Ich bin schließlich auch Hundehalter.