Kleiber

Vorkommen:

Überall im Wald das ganze Jahr; seit ich Wald wohne als regelmäßiger Gast auch im Garten anzutreffen, meistens solo

Merkmale:

Etwa so groß wie ein Star, unverkennbare Form: oben grade, unten rund, Kopf geht fast ohne Knick in den kurzen grauen Schnabel über, Oberseite einschließlich Kopfplatte schiefergrau, schwarze Augenmaske bis zum Hals, Kehle weiß, Brust und Bauch hell orange, Füße auch, klettert an Bäumen hoch und runter, gerne auch mit dem Kopf nach unten, und an Ästen an den Ober- und Unterseiten, ruft zur Balzzeit "Wehe, wehe, wehe" teilweise in endlosen Tonschleifen

Nahrungsverhalten:

Pickt in der Baumrinde nach Insekten und hämmert dann wie ein kleiner Specht, liebt aber auch Sonnenblumenkerne und kommt daher gerne ans Futterhaus (verjagt dabei die Meisen)

Fortpflanzung:

Balz im April, dann ist der Vogel auch mal paarweise zu sehen, dabei ruft er „wehe-wehe-wehe“ und zwar ganz schön laut (sonst höre ich von diesem Vogel keinen Mucks), bezieht Baumhöhlen (vermutlich alte Spechtnester)

Begegnungen:

Diesen ungewöhnlichen Vogel kenne ich auch schon seit meiner Kindheit. Es hat mich immer fasziniert, wie geschickt er an Bäumen hoch und runter hüpft und dabei sein Köpfchen aufmerksam in alle Richtungen dreht. Seine blaue Farbe hätte für meinen Geschmack noch etwas knalliger sein können, aber in unseren Breitengraden ist es für die Vögel tarntechnisch wohl günstiger, mit gedeckten Farben daher zu kommen.

Immer, wenn die Weibchen ein ähnliches Federkleid haben wie die Männchen, ist es schwierig, herauszufinden, ob man im Garten Pärchen hat. Kleiber sind Einzelgänger. Außer zur Paarungszeit habe ich noch nie zwei im gleichen Blickfeld gehabt. Aber in diesem Frühjahr entdeckte ich auf einem meiner Fotos zufällig zwei Baumkletterer. Ich hatte nur einen im Visier gehabt. Sie sind so schnell und hektisch und wechseln so oft den Baum, dass ich ohne Fotoapparat wohl gedacht hätte, ich beobachte nur ein Tier. Aber jetzt weiß ich sicher: in unserem Garten ist ein Paar heimisch.

Kleiber sind größer als Meisen und nach meinen Erfahrungen „Allesfresser“, jedenfalls was Körner im Winter und Insekten im Rest des Jahres angeht. Der Kleiber war einer der häufigsten Gäste an meinen Sonnenblumenköpfen 2015. Er war, im Gegensatz zu sonst, bei seinen Besuchen wenig scheu. Das war wohl die Gier. Er pickte einen Kern nach dem anderen, auf einigen Fotos hatte er sogar zwei Kerne hintereinander im Schnabel. In seiner Hektik fielen ihm auch einige runter. Außerdem war ein begnadeter Turner. Auf (sagen wir mal) 20 Fotos erwischte ich ihn in 20 komplett verschiedenen Haltungen. Im Winter tauchte er auch öfter an einem „Saatknödel“ auf, der im Gegensatz zu den Meisenknödeln aus größeren „Leckerbissen“ besteht. Aber ich sah ihn auch als Störenfried an den Futterhäuschen der Nachbarn.

 

 

 

Diese Vögel sind ohnehin kleine Unruhestifter. Sie nutzen ihre Größe schamlos aus und vertreiben Futterkonkurrenten mit viel Spektakel. Wenn sie allerdings die Baumrinden nach Nahrung absuchen, sind sie friedlich. Da haben sie ja auch kaum Konkurrenz, denn die Spechte in meinem Garten treiben sich lieber in den höheren Baumregionen rum, während ich den Kleiber selten höher als 3 m über dem Boden klettern sehe. Dabei sind sie höchst akrobatisch.

Im März 2017 flatterte mir ein Kleiber am Fließ über den Weg und landete auf einem kahlen Baum. Das erweckte nur deshalb meine Aufmerksamkeit, weil der Kollege etwas im Schnabel trug. Er hatte eine Baumhöhle angesteuert und schien ein Nest auszustatten. Ich war ziemlich nah dran, und es war wenig störendes Gestrüpp im Weg, darum machte ich bei Sonnenschein ein paar nette Bilder. Ich merkte mir die Stelle und nahm mir vor, das Nest für den Rest der Brutsaison im Auge zu behalten, aber schon bei meinem nächsten Besuch fand ich es nicht wieder. Das war wirklich seltsam, denn der Baum stand ganz nah am Wanderweg. Erst 2018, als ich wieder einen Kleiber an der Stelle erblickte, sah ich auch wieder die Höhle im Baum, die irgendwie deutlich höher lag, als ich sie in Erinnerung hatte. So schnell kann kein Baum in die Höhe schießen, wahrscheinlich war sie damals einfach durch Laubwerk verdeckt gewesen.

Im Juli 2017 beobachtete ich dann einen Vogel im Wald an meiner Pilzstelle (etwa 3 km von meinem Heim). Er turnte an einer Baumhöhle herum. Meine Bilder waren suboptimal, aber beim Auswerten konnte ich zweifelsfrei einen Kleiber-Jungvogel identifizieren. Die Augenmaske war noch blass. Alternativ wäre ein Vogel in der Mauser in Frage gekommen, aber das Verhalten am Baum glich nicht dem eines erwachsenen Vogels.

Nein, es ist keine neue Erkenntnis, dass Kleiber auf Sonnenblumenkerne stehen! Aber wo dieser Vogel seine Beute her hat, möchte ich wirklich gerne wissen. Die Bilder sind im Oktober 2018 mitten im Wald entstanden. Das Sonnenblumenfeld lag über 200 m entfernt und war längst abgeerntnet. Die nächste menschliche Behausung liegt noch weiter weg.

 

Mysteriös ist auch, warum der Kleiber so lange mit seiner Beute herum turnt und sie nicht einfach „knackt“ und den nahrhaften Inhalt verspeist. Sie wehrt sich doch nicht!