Krankheiten
Dass Tiere (genau wie wir Menschen) nur eine begrenzte Zeit auf dieser Welt verbringen, ist einfach ein göttliches Gesetz. Oder der evolutionär bedingte Lauf der Welt. Oder Schicksal – egal, wie man es nennt. Manche Lebewesen sterben an Altersschwäche, die meisten aber durch Unfälle, Krankheiten, Mangelernährung oder Mord (wenn man es so nennen will, wenn z.B. der Fuchs eine Gans erlegt oder der Jäger einen Löwen, um nicht hungers zu sterben). Das ist jedenfalls meine Erfahrung. Gegen die erst- und letztgenannte Todesursache kann man nicht viel machen, gegen die drei anderen haben die Menschen die Medizin entwickelt. Super Sache! Trotzdem ist niemand unsterblich, und manche lebensverlängernde Maßnahmen müssen sich einer Diskussion unterwerfen. Das Thema der Humanmedizin ist viel zu komplex, als dass ich es hier ausbreiten möchte. Aber zur Tiermedizin will ich mal Stellung nehmen.
Grundsätzlich finde ich es alle Ehren wert, dass es Menschen gegeben hat (und noch gibt), die sich mit Tierkrankheiten auseinandersetzen. So wurden auch für die Lebewesen Heilmethoden und Impfstoffe entwickelt, die nicht auf die Straße gehen und für ihre Rechte demonstrieren können. Und letztendlich schützt sich der Mensch natürlich selbst, wenn er z.B. Maßnahmen gegen Tollwut, BSE oder Schweinepest ergreift. Trotzdem finde ich, dass man Erkrankungen von Menschen und Tieren nicht gleich gewichten darf. Ich versuche das zu erklären.
Im Februar 2019 flatterte mir ein Buchfink vor die Linse, der offensichtlich krank war. Er war nicht scheu, plusterte sich auf, und auf meinen Fotos waren Auffälligkeiten am Körper zu entdecken. Weil ich neugierig bin, googelte ich Vogelkrankheiten und bin auf eine Seite gestoßen, auf der unter sehr wissenschaftlichen Aspekten unzählige Fälle (mit scharfen Fotos) vorgestellt wurden. Ich hatte keine Ahnung, wie viele Parasiten es gibt, die nur allein den Vögeln das Leben schwer machen (bzw. es vernichten). Auf der Seite wurden auch Behandlungsmethoden vorgestellt und mit Fotos erklärt. Ein Bild bekomme ich nicht mehr aus dem Kopf. Da hat jemand eine Blaumeise narkotisiert, um eine Zecke zu entfernen. Das war der Moment, an dem ich auf der Seite nicht mehr weiter lesen wollte.
Wenn ein Mensch krank ist und zum Arzt geht, weiß er meistens, was auf ihn zu kommt, denn er wird vom Säuglingsalter an daran gewöhnt. Der Arzt/ die Ärztin und deren Gehilfen sind darin geschult, den Kranken über alles aufzuklären, was ihn erwartet. Die Zeiten von „Tut ja gar nicht weh!“ sind lange vorbei – zum Glück. Bei Tieren funktioniert das leider nicht so einfach. Für sie sind Arztbesuche purer Stress, denn sie wissen eben nicht, was sie erwartet. Und manchmal riechen das Wartezimmer und der Behandlungsraum noch nach den Stresshormonen, die andere Tiere vorher ausgestoßen haben. Bei Haustieren kann man noch ein bisschen auf die „Unverständigen“ einwirken, denn sie sind ja an Menschen gewöhnt und vertrauen in der Regel ihren „Besitzern“. Aber bei Wildtieren liegt der Fall ganz anderes. Für sie ist schon das Einfangen ein potentieller Angriff auf ihr Leben, so dass wahrscheinlich einige allein dabei einen plötzlichen Herztod erleiden. Und dann eine Narkose! Wie viele Vögelchen mussten denn sterben bei dem Versuch, die richtige Methode und Dosis zu finden? Das Gleiche gilt auch für die medikamentöse Behandlung. Und ist es wirklich erstrebenswert, einem kleinen, weit verbreiteten Wildvogel so eine Prozedur zuzumuten, damit er zwei Tage später von Nachbars Katze gefressen wird? Nützt es ihm (oder der Katze) da etwas, dass er zeckenfrei war?
Ich muss zwangsläufig an „Ärzte ohne Grenzen“ denken, die in die entlegensten Regionen reisen, um Heilung zu bringen. Auf der ganzen Welt „verenden“ Erwachsene und Kinder unter qualvollen Bedingungen an Krankheiten, die es bei uns gar nicht mehr gibt, weil alle geimpft sind und das Trinkwasser hohe Qualitätsansprüche erfüllen muss. Und wir wenden wirklich Energie, Zeit, Geld und medizinische Produkte dafür auf, um bei einer Blaumeise eine Zecke zu entfernen?
Ich mag Tiere, das habe ich schon mehrfach erwähnt. Und ich bedauere, dass manche Arten aussterben. Aber das ist eben Evolution! Wenn man an den Lebensbedingungen (Stichwort: Biotope) der Tiere etwas ändern kann, um Arten zu erhalten, unterstütze ich das von Herzen. Aber wenn Mutter Natur Plagegeister erschaffen hat, welche den Wildtieren zusetzen, dann hat das einen Grund. Wie sagte eine frühere Bekannte so treffend: „Das hat sich im Laufe der Evolution als günstig erwiesen!“
Ich bin kein Biologe und habe noch nicht begriffen, welchen Zweck z.B. Zecken im Kreislauf der Natur erfüllen. Aber ich muss auch nicht alles verstehen, denn ich bin ja nicht derjenige, der die ganzen natürlichen Abläufe zu verantworten hat. Also akzeptiere ich einfach, dass es Parasiten gibt, die andere Lebewesen befallen. Für Menschen und Haustiere (oder auch Zootiere) gibt es Vorsichtsmaßnahmen und Impfungen, aber trotzdem gibt es keinen perfekten Schutz vor Krankheit und Tod. Gelegentlich sollten Wissenschaftler auch mal die Verhältnismäßigkeit überdenken!